St. Galler Tagblatt, 28. November 2003
Von Las Vegas nach Paris
«Magic Moments» heisst das neue Liedprogramm des Duos Jerome & Guillaume
Die Melodien sind altbekannt. Die Texte brandneu. Jerome & Guillaume brillieren mit schräg übersetzten Evergreens in der Kellerbühne.
Matthias Peter
Im Hintergrund spannt der mit Lämpchen bespickte Sammetvorhang einen klaren Nachthimmel auf. Auf einer Stele prangt in einer Vase ein leuchtender Rosenstrauss als Zeichen der Liebe. Auf dem Keyboard stehen die Namen Jerome & Guillaume zu lesen. So heissen die beiden Männer, die laut Durchsage soeben ihre Garderobe verlassen haben und sich auf dem Weg zur Bühne befinden, um dem Publikum einen vergnüglichen Abend lang die Liebe zu erklären. Und schon sind sie da: Guillaume - mit streng gezogenem Scheitel, widerborstig aufstehendem Wirbel und Fliege um den Hals - setzt sich ans Piano. Jerome - mit Glatze, pinkenem Glitzerjackett, offenem Hemdkragen und einem Klunker am Ringfinger - stellt sich hinters Mikrofon. Mit dem ersten Lied «Es liegt etwas in der Luft» holen die beiden Entertainer das Publikum nach Las Vegas, wo sie laut eigenen Angaben jeweils nachmittags beim Champagnerfrühstück sitzen. Sie wüssten um die dunklen Zeiten im Leben, erzählt Jerome. Zur Melodie von «The Sound of Silence» weiss er ein Lied zu singen, das mit den Worten beginnt: «In einer dunkeln Nacht, hab ich oft daran gedacht.»
Heilmittel Gesang
In den Conférencen, mit denen Jerome von Lied zu Lied überleitet, spinnt er den Faden der angefangenen Geschichte vom Leben zweier Stars zwischen Bar und Bühne weiter. Er bringt die Garderobiere Mercedes ins Spiel, um «Nein, ich verlieb mich nicht mehr» singen und deren Ex-Freund Antonio mit dem Lied «Was treibst du dich herum mit San José» bemitleiden zu können, das im Original «Do you know the way to San José» hiesse. Ja, gerade für angeschlagene Männer wie Antonio würden sie das Heilmittel ihres Gesangs bereithalten, erklärt Jerome. «Und dann kann es sein, dass auch ein Mann einmal weint.» Das fünfzigköpfige Publikum hielt es am Mittwochabend in der Kellerbühne eher mit dem Lachen.
Unverfrorene Texte
Jerome & Guillaume, die in Wirklichkeit Häna Ruppaner und Willi Häne heissen, dürften sich darüber gefreut haben. Seit ihrem ersten Auftritt im Jahr 1999 haben sie sich einen Namen als schräges Schnulzenduo gemacht. «On Ice» hiess ihr letztes Programm, «Magic Moments» lautet der Titel des neuen. Wieder haben sie unverfroren alte amerikanische Schlager mit witzigen, ironischen, neuen deutschen Texten versehen. Ihre «Magic Moments» bieten sie für den Hausgebrauch jetzt auch als CD an. Auf dass Mann an einem trauten Abend zu zweit, ohne viel Aufhebens zu machen, den Track «Mein Herz schlägt für dich allein - daba daba da» laufen lassen kann. Der Track «Sie war ein Showgirl und sie hiess Lola» hingegen würde sich dann vielleicht mehr für den Männerabend eignen.
Glücklich machende Show
Am besten aber erlebt man Jerome & Guillaume live und lässt sich von ihnen nach der eingeschalteten Pause und dem Wiedereinstieg mit «Musik ist Trumpf» von Las Vegas nach Paris entführen, in die Stadt des Chansons. Der strenge Guillaume hat sich der Fliege entledigt und trägt nun den Hemdkragen offen. An der Kaltblütigkeit seines Klavierspiels ändert das nichts. Der joviale Jerome hat sein Glitzerjackett gegen einen schlichten schwarzen Veston eingetauscht. Wirklich seriöser wird er dadurch nicht. Er haucht «Cha cha cha d'amour» ins Mikrofon, reibt zu «C'est si bon» wohlig den Rücken am Chromstahl-Ständer und gibt zur Melodie von «La vie en rose» die Devise aus: «Schau mich bitte nicht so an.» Mit dem Lied «Alles, was mir bleibt, ist dein Lächeln» beginnt das Abschiednehmen. Das begeisterte Premierenpublikum wusste es um drei weitere Lieder zu verlängern. Diese Zugaben zeigten das Duo noch einmal in Höchstform. Sie verteilten zu «Besame mucho» gelbe Rosen an ihre weiblichen Fans, um sich anschliessend nach einem gesungenen «Dankeschön» in die Garderobe zurückzuziehen. «Ihr habt gesehen, dass euch das glücklich macht», lautete der letzte Satz des End-Liedes. Aller Ironie zum Trotz: auf die Bühnenshow «Magic Moments» trifft er haargenau zu!
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