St. Galler Tagblatt, 15. März 2004

Die Liebe im Spiegel alter Melodien

Gelungener Start der Bistro-Abende in der Kanti-Aula

Internationale Evergreens, die unbeschadet die letzten 40 Jahre überstanden haben, feierten fröhliche Urständ bei Jerome und Guillaume, dem charmanten Männerpaar aus der Ostschweiz. Was sie besingen? Die Liebe natürlich.

Alois Degenhardt

Für das Bistro-Komitee ist der erste Abend im Jahr richtungsweisend. Fühlen sich die oft langjährigen Besucherinnen und Besucher vom Programm angesprochen? Entsprechen die Interpreten dem Geschmack eines angeblich ländlich-konservativen Publikums? Diese und andere Fragen konnten am Ende des ersten Abends mit einem erleichterten Ja beantwortet werden. Jerome und Guillaume wurden zum Programmschluss begeistert gefeiert. «Ihr werdet uns unvergesslich bleiben»: dieser ironische Standardspruch der beiden Entertainer durfte - wenigstens für einen Moment - so richtig ernst genommen werden.
Sorgfältig eingestimmt
Mit viel Liebe zum Detail hatte das Komitee den Abend vorbereitet: Kerzen und rote Rosen, sogar der Duft orientalischer Räucherstäbchen geleiteten die Gäste zur Aula, wo bei small talk im gedämpften Licht Apéro und feine Häppchen warteten. Und dann betraten sie - im Playback grossartig angekündigt - mit Pomp die Bühne; zwei Herzensbrecher à la Siegfried und Roy, denen sie ihre Künstlernamen nachempfanden.
Ohrwurm-Parade
«Mir ist so komisch zu Mute, ich ahne und vermute: da liegt was in der Luft!» Es muss eine der beliebten Schlagersängerinnen der 50er- oder 60er-Jahre gewesen sein, die diesem Song aus deutschen Landen, der immer wieder in Nostalgiesendungen zu hören ist, zur Unsterblichkeit verholfen hat. Vor allem waren es aber die für den ureigensten Zweck des Duos neu betexteten internationalen Ohrwürmer von «Melodie d'amour» bis «Sounds of silence», mit denen die beiden Herzensbrecher ihr Publikum bezirzten, und zwar Männer wie Frauen. So richtig glaubhaft wirkte Jerome im Glitzerjacket aber erst, wenn er, einem der männlichen Besucher auf die Knie hockend, verführerische Worte ins Ohr hauchen durfte.
Zwei liebenswürdige Profis
Aber ob im grellbunten Gewand oder im kleinen, schwarzen (Anzug) mit Stehkragen und Fliege: der Wilhelm am Klavier und als Background-Stimme, der Hans mit seinem wandelbaren, dem Motto des Abends gemäss eher im süsslichen Bereich angesiedelten Tenor bestachen nicht nur durch ihre handwerkliche Perfektion, sondern auch mit ihrem liebenswürdig-verruchten Charme, der sowohl Frauen als auch Männer in ihren Bann zog. Die Liebe ist eben ein seltsames Spiel. Und nach so viel gebotenem Süssem waren Räucherlachs mit Zwiebeln und ein herbes Bier angesagt.

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